Die Pflegegrade

5 Pflegegrade

Mit dem neuen Prüfverfahren NBA („Neues Begutachtungsassessment“) überprüfen Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder anderer Prüforganisationen seit Januar 2017 alle neuen Antragsteller auf Pflegeleistungen persönlich anhand eines Fragenkatalogs auf den Grad ihrer noch vorhandenen Selbstständigkeit. Entsprechend dem Gutachten entscheidet die zuständige Pflegekasse, ob sie ihrem Versicherten einen Pflegegrad zubilligt oder seinen Antrag ablehnt.

 

Wie selbstständig ein Antragsteller noch ist, ermitteln die Prüfer mit dem neuen Begutachtungsinstrument NBA nach einem Punktesystem. Dabei gilt: Je mehr Punkte der Begutachtete erhält, einen umso höheren Pflegegrad und umso mehr Pflege- und Betreuungsleistungen genehmigt seine Pflegekasse.

pflege.de hat für Sie eine Pflegegrade-Übersicht mit den jeweils notwendigen Punktzahlen zusammengestellt:

 

Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit (12,5 bis unter 26 Punkte)
Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit (27 bis unter 47 Punkte)
Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit (47,5 bis unter 69 Punkte)
Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit (70 bis unter 89 Punkte)
Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte).

 

Einzige Ausnahme: Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die bisherigen Härtefälle mit Pflegestufe 3, die einen „spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die Pflegeversorgung“ haben, können Pflegegrad 5 erhalten, auch wenn sie die dafür notwendige Mindestzahl von 90 Punkten bei der Begutachtung nicht erreicht haben.

Das neue Begutachtungsverfahren NBA

Mit dem neuen Begutachtungsverfahren NBA erfassen Prüfer, die von den Pflegekassen beauftragt werden, alle wichtigen Gesichtspunkte der Pflegebedürftigkeit aufgrund körperlicher, psychischer und kognitiver Beeinträchtigungen. Ausschlaggebend für die Zuweisung eines Pflegegrads ist der Grad der Selbstständigkeit einer Person in folgenden sechs Modulen:

 

Mobilität (10 Prozent): Positionswechsel im Bett, stabile Sitzposition halten, Aufstehen aus sitzender Position und Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereiches und Treppensteigen.

 

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Modul 2 und 3 ergeben zusammen 15 Prozent): Personen aus dem näheren Umfeld erkennen, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Gedächtnis, Alltagshandlungen in mehreren Schritten wie die Haushaltsführung ausführen oder steuern, Entscheidungen im Alltagsleben treffen, Sachverhalte und Informationen verstehen, Risiken und Gefahren erkennen, elementare Bedürfnisse mitteilen, Aufforderungen verstehen, sich an einem Gespräch beteiligen.Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigung von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Sinnestäuschungen, Ängste, Antriebslosigkeit, depressive Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige inadäquate Handlungen.

 

Selbstversorgung (40 Prozent): Körperpflege (vorderen Oberkörper waschen, rasieren, kämmen, Zahnpflege, Prothesenreinigung, Intimbereich waschen, duschen oder baden – einschließlich Haare waschen), An- und Auskleiden (Oberkörper an- und auskleiden, Unterkörper an- und auskleiden), Ernährung (Essen mundgerecht zubereiten/Getränke eingießen, Essen, Trinken), Ausscheiden (Toilette oder Toilettenstuhl benutzen, Folgen einer Harninkontinenz bewältigen sowie Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Folgen einer Stuhlinkontinenz bewältigen sowie Umgang mit Stoma), Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf im Bereich der Ernährung auslösen (nur bei Kindern von 0-18 Monaten).

 

Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 Prozent) in Bezug auf: Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen oder Sauerstoffgabe, Einreibungen, Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel, Verbandswechsel und Wundversorgung, Wundversorgung bei Stoma, regelmäßige Einmal-Katheterisierung, Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung, zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuch anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnter Besuch medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen und Besuch von Einrichtungen zur Durchführung von Frühförderung (nur bei Kindern).

 

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (15 Prozent): Tagesablauf gestalten und an Veränderungen anpassen, Ruhen und Schlafen, sich beschäftigen, in die Zukunft gerichtete Planungen vornehmen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt und Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes. Genau genommen gibt es neben den sechs beschriebenen Modulen noch zwei weitere Pflegegrad-Module: Außerhäusliche Aktivitäten (7) und Haushaltsführung (8). Diese beiden Module werden jedoch nicht für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit herangezogen, sondern sollen v. a. Pflegekräften eine individuellere Pflegeplanung ermöglichen.

 

Pflegegrad 1: Monatlich 125 Euro als Kostenerstattung für Betreuungs- und Entlastungsleistungen sowie monatlich 40 Euro für die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch stehen den noch weitgehend selbstständigen, geringfügig Pflegebedürftigen mit Pflegegrad I zu. Ansonsten erhalten sie keine Pflegesachleistungen für häusliche Pflege durch einen Pflegedienst und müssen die Kosten selbst tragen. – Nur Leistungen als Bewohner ambulant betreuter Wohngruppen, Pflegehilfsmittel und Zuschüsse zur altersgerechten Wohnraumgestaltung (bis zu 4.000 Euro) sowie zwei kostenlose Beratungsbesuche pro Jahr stehen ihnen zu.

 

Dagegen haben Pflege- und Betreuungsbedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5 Anspruch auf Pflegesachleistungen für die Pflege durch einen häuslichen Pflegedienst oder die ambulante Versorgung in einer Einrichtung für Tagespflege oder Nachtpflege. Je Pflegegrad erhalten Versicherte folgenden Pflegesachleistungen pro Monat:

 

Pflegesachleistungen bei Pflegegrad Geldleistung pro Monat
Pflegegrad 1 | 0 Euro
Pflegegrad 2 |  761 Euro
Pflegegrad 3 | 1.432 Euro
Pflegegrad 4 | 1.778 Euro
Pflegegrad 5 | 2.200 Euro

 

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle dieser Pflegesachleistungen bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst auch Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige, Freunde Bekannte beantragen. Hier die Leistungssätze für das monatliche Pflegegeld:

 

Pflegegeld bei PflegegradGeldleistung pro Monat
Pflegegrad 1 | 0 Euro
Pflegegrad 2 | 332 Euro
Pflegegrad 3 | 573 Euro
Pflegegrad 4 | 765 Euro
Pflegegrad 5 | 947 Euro

Pflegegrad abgelehnt? Widerspruch einlegen!

 

Sobald die Ablehnung der Pflegeversicherung vor Ihnen liegt, sollten Sie sich schnell überlegen, wie Sie weiter vorgehen möchten. Entscheiden Sie sich dafür, einen Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einzulegen, so müssen Sie schnell handeln, da der Widerspruch nur innerhalb von vier Wochen möglich ist.

Übersicht der wichtigsten Pflegeleistungen

Pflegegeld

Pflegebedürftige erhalten je nach Pflegegrad monatliches Pflegegeld, wenn sie von ihren Angehörigen, Freunden oder anderen Privatbetreuern zu Hause gepflegt und betreut werden. Das Pflegegeld muss übrigens nicht versteuert werden. Voraussetzung: Pflegekontrolleinsätze, halb- oder vierteljährig.

Pflegesachleistung

Sachleistungen oder Pflegesachleistungen können Pflegebedürftige monatlich in Höhe ihres jeweiligen  Pflegegrads beanspruchen, wenn sie sich durch einen ambulanten Pflegedienst zu Hause pflegen und betreuen lassen. Diese Sachleistungen zur Vergütung seiner Dienstleistungen rechnet der Pflegedienst dann direkt mit der Pflegekasse ab.

Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen

Haben z. B. Pflegebedürftige mit anerkanntem Pflegegrad ihren monatlichen Anspruch auf Pflegesachleistungen nicht ausgeschöpft, können Sie bis zu 40 Prozent des Anspruchs auf Pflegesachleistungen alternativ für Betreuungs- und Entlastungsleistungen gem. § 45 b Sozialgesetzbuch Elf (SGB XI) ausgeben. Dies sind z. B. haushaltsnahe Dienstleistungen, Alltagsbegleitung, Betreuung bei Demenz o. ä. Die Voraussetzung ist, dass der Anbieter dieser Dienstleistungen dafür von der Pflegekasse zugelassen ist. Dies sollten Sie als pflegender Angehöriger im Vorfeld überprüfen.

Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen, ab Pflegegrad 2

Eine Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Sachleistungen können Pflegebedürftige beziehen, wenn sie sowohl von Angehörigen oder Freunden als auch von einem professionellen Pflegedienst bzw. in einer Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung versorgt werden und zu Hause leben. Wenn also bspw. nur 20 Prozent der Pflegesachleistungen des ambulanten Dienstes z. B. für medizinische Behandlungspflege benötigt werden, weil Grundpflege und Haushaltsführung durch Freunde und Angehörige erledigt werden, erhält der Pflegebedürftige noch 80 Prozent Pflegegeld. Je mehr Sachleistungen beansprucht werden, desto weniger Pflegegeld wird ausgezahlt – Voller Anspruch auf Verhinderungs- und Vollzeitpflege.

Tages- und Nachtpflege

Auch für die Tagespflege und Nachtpflege bekommen Pflegebedürftige (ab Pflegegrad 2) die ambulanten Pflegesachleistungen je nach ihrem Pflegegrad.

Verhinderungspflege

Bei Krankheit oder Urlaub pflegender Angehöriger gewährt die Pflegekasse Zuschüsse für die Verhinderungspflege. Dafür stehen Pflegebedürftigen pro Jahr 1.612 Euro für bis zu sechs Wochen zur Verfügung. Bei Nichtnutzung von Kurzzeitpflege steigt der Anspruch für Verhinderungspflege sogar auf bis zu 2.41 Euro für bis zu 42 Tage im Jahr an.

Kurzzeitpflege

Beispielweise nach Klinikaufenthalten kann die Kurzzeitpflege von Pflegebedürftigen vorübergehend Entlastung schaffen. Dafür stehen Pflegebedürftigen pro Jahr 1.774,00 Euro für bis zu acht Wochen zur Verfügung. Bei Nichtnutzung von Verhinderungspflege erhöhen sich die jährlichen Zuschüsse für Kurzzeitpflege sogar auf bis zu 3.386,00 Euro für bis zu 56 Tage.

Hilfsmittel

Bei Bedarf und medizinischer Notwendigkeit gewährt die Pflegekasse die Erstattung für Hilfsmittel wie Gehhilfen, Rollatoren oder Rollstühle sowie weitere im Hilfsmittelverzeichnis aufgelistete erstattungsfähige Hilfsmittel. Eine Sonderrolle nehmen die zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel ein.

Zuschüsse für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel

Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel gewährt die Pflegekasse monatlich 40 Euro. Dazu gehören Artikel wie beispielsweise Desinfektionsmittel, Handschuhe und Bettschutzunterlagen. Anders als bei den „normalen“ Hilfsmitteln wird kein Rezept benötigt. Es genügt ein Antrag bei der Pflegekasse.

Zuschüsse zum Hausnotruf

Für einen Hausnotruf bezahlt die Pflegekasse ab Pflegegrad 1 einmalig 10,49 Euro für die Anschlusskosten und monatlich 25,50 Euro für den laufenden Betrieb.

Zuschüsse für Wohnraumanpassung

Falls die Wohnung des Pflegebedürftigen barrierearm oder barrierefrei umgebaut wird, gewährt die Pflegekasse einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro einmalig für alle Maßnahmen der Barrierereduzierung in Form der Wohnraumanpassung. Wenn sich der Hilfebedarf, also z. B. der Grad der Pflegebedürftigkeit des Versicherten ändert, gewährt die Kasse diesen Zuschuss u. U. erneut bzw. mehrmals.

Kostenlose Pflegekurse für Angehörige

Jeder pflegende Angehörige oder ehreamtlicher Pfleger hat gemäß § 45 SGB XI Anspruch auf kostenlose Pflegekurse. Die vollständigen Kosten hierfür trägt die Pflegeversicherung. In diesen Kursen werden Grundlagen des Pflegewissens für pflegende Angehörige vermittelt und es besteht die Möglichkeit zum Austausch mit anderen pflegenden Angehörige, was für viele sehr wertvoll ist.

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